Vor ein paar Jahren sollte in unserem 10-Parteien-Wohnhaus der Keller gedämmt werden, nicht aus Energieaspekten heraus, sondern einfach, um ihn besser als Lager, zum Beispiel für Papier, benutzen zu können. Der Beschluss war schnell gefällt, und ehe wir uns versahen, wurde das Haus rundum mit einem Sockel aus Styropor (expandiertes Polystyrol) versehen. Als die Handwerker die Baustelle schlossen, war der umgebende Garten nicht nur plattgebaggert, sondern überall lagen die weißen Kügelchen herum, einfach notdürftig ins Erdreich eingegraben. Dumm nur, dass Polystyrol unter Lichtausschluss biologisch nicht abgebaut wird!
Für mich war diese Erfahrung ein Schock, hatte ich doch naiv angenommen, dass man in Sachen Wärmedämmung längst umweltfreundlich verfährt. Welch ein Irrtum! Ich goss die verunreinigte Erde tagelang, um immer wieder neue Kügelchen nach oben zu schwemmen, die schwimmenden Elemente abzuschöpfen und sie dann im Plastikmüll zu entsorgen.
Wie kann man sein Haus freiwillig mit einem Stoff einkleiden, der eigentlich Sondermüll und schwer zu entsorgen ist? Der im Brandfall katastrophal reagiert? Wikipedia erklärt: „Das Brandverhalten von expandiertem Polystyrol wird davon dominiert, dass es bei Temperaturen wenig über 100 °C erweicht und dann abtropft, wobei die Tropfen (auch aufgrund der geringen Masse und der damit zusammenhängenden schlechten Wärmeabfuhr) Feuer fangen können und dann brennend abtropfen.“ Zwar werden heute Flammenschutzmittel eingesetzt, aber fragen Sie mal jemanden von der Feuerwehr, ob er oder sie ein brennendes Styroporhaus löschen mag!
Ich zähle mich zu den Menschen, die einfach keine Lust mehr auf Gift und Plastik haben. Da wir im erwähnten Haus aktuell eine defekte Dachdämmung beobachten und ich zudem im Haus der Mutter über die Dämmung von Keller und Dach nachdenken muss, machte ich mich also auf die Suche nach ökologischen Alternativen und las mehr über Holzfasern, Kork, Hanf, Jute, Schilf, Gras, Flachs, Schafwolle, Kokos, Seegras, Schilfrohr und Stroh. Nicht alles überzeugt in jeder Hinsicht. Mal ist der Transportweg zu weit, mal ist die Dämmung zu schwach. Es lohnt sich also, genauer hinzuschauen.
Nicht gerechnet hatte ich damit, dass man auch mit einem Recyclingprodukt dämmen kann: Wellpappe. Das Produkt heißt Fairwell, es wird von dem hessischen Zimmermeister und Unternehmer Lothar Betz seit 2007 hergestellt und hat inzwischen schon zahlreiche Kunden überzeugt. Die vielen kleinen Luftpolster der mit Mais- und Kartoffelstärke klug verklebten Verbundbauteile sorgen nicht nur für die Trennung der Luftschichten, sondern bieten zusätzlich hohen Lärm- und Trittschutz. Das Produkt besteht vollständig aus recycelter Zellulose – und kann beim Entsorgen erneut recycelt werden. Die Zellulose stammt ursprünglich von Bruch- und Durchforstungsholz. Entsprechend kann sie sogar – wie zuvor als Baum – mit Luftfeuchtigkeit unkompliziert umgehen.
Ich habe Lothar Betz gefragt, ob der Gedanke, Wellpappe als Dämmstoff einzusetzen, schon verbreitet ist. Er erzählte mir von einigen Bachelor- und Masterarbeiten zum Thema und auch von Gesprächen mit Wissenschaftlern, die diese besonders nachhaltige Idee voranbringen wollen. Er selbst stelle immer wieder neue Vorteile der Wellpappe fest, zum Beispiel die statische Tragfähigkeit, mit der sich Gebäude aussteifen lassen.
Das ist ein sehr guter Ressource!So viele hilfreiche Informationen und praktische Ideen, danke schön =) Wow!